Vor zwei Wochen habe ich nicht nur die Zukunft des Lernens gesehen – ich habe sie aktiv vorangetrieben. Auf einem Schloss in Polen sind an einem trüben Donnerstag 12 Menschen zusammengekommen, die alle mehr oder weniger mit Lernen zu tun haben. Wir haben die Learning Experience Assembly gegründet.

Für mich, aber auch für andere, hat sich das wie ein historischer Moment angefühlt. Gemeinsam haben wir eine Tür aufgestoßen und Raum für etwas Neues geschaffen. Wir wollen gemeinsam lernen, wie Lernen zum Erlebnis wird. Schluss mit PowerPoint, weg mit Vorträgen. Erleben und das Erlebte gemeinsam besprechen – das ist der Fokus von Lernerlebnisdesign.

Der Ort, an dem wir uns befanden, das College of Extraordinary Experiences, lebte diese Prinzipien schon. Statt Vorträgen bot diese Weiterbildung Erlebnisse. Und ich habe dabei mehr über mich und das Thema gelernt als bei jeder anderen Weiterbildung.

 

Dorchess und Jennifer

War das wirklich überraschend?

Oder war es vielleicht eher eine Zukunft, die für andere schon längst sichtbar war – und ich musste nur lernen, sie zu sehen?

Schauen wir uns die Entwicklungen im Bereich Erlebnis, Entertainment und Lernen an, die schon seit Jahren sichtbar sind:

  • Experience-basiertes Entertainment wie immersives Theater (Punchdrunk, Sleep No More) ist seit über zwanzig Jahren am Start – und hat in den letzten Jahren zumindest im anglo-amerikanischen Raum den Mainstream erreicht
  • In Großbritannien gibt es mit Punchdrunk Enrichment seit 2008 bereits eine immersive Learning-Agentur, die sich auf Grundschulen spezialisiert hat. Im letzten Jahr haben sie ein Manifest für immersives Lernen veröffentlicht
  • Das College of Extraordinary Experiences existiert seit knapp zehn Jahren und perfektioniert erlebnisbasiertes Lernen. Dieses Jahr haben sie den World Experience Award gewonnen – als Lerninstitution
  • In Deutschland gibt es die ersten immersiven Formate wie „Fantasy Bälle“ seit ein paar Jahren
  • Gen Z und andere Generationen sind vom Online-Lernen genervt und ein hohes Level an Entertainment gewohnt. Sie fordern echtes, gemeinsames Lernen, das gleichzeitig Spaß macht
  • Buchclubs etablieren sich auch in Unternehmen als Lernformat
  • Retreats und „Skillcations“ – Urlaub mit Lernfokus – sind jetzt gerade in aller Munde

Siehst du das Muster? Alle diese Entwicklungen zeigen: Menschen suchen nach echten Begegnungen, nach Lernen als Erlebnis – mit einem hohen Entertainment-Faktor. Genau das verkörpert das College of Extraordinary Experiences.

Die Zukunft, die wir an diesem Tag gespürt haben, war bereits da. William Gibson hat es perfekt formuliert: „Die Zukunft ist bereits da, aber sie ist noch nicht gleichmäßig verteilt.“

 

Welt, Raum, Zeit

Aber was bedeutet das eigentlich: Zukunft? Um diese Frage zu beantworten, brauchen wir drei Dimensionen – Welt, Raum und Zeit. Lass mich dir zeigen, wie sie zusammenwirken.

Zukunft ist ein Möglichkeitsraum. Denn im Verständnis von Zukunftsdenker*innen gibt es die eine Zukunft nicht. Es gibt viele mögliche Zukünfte und den Raum zwischen heute und in zehn Jahren oder mehr, um diese aktiv zu gestalten. Dabei sprechen wir von „wahrscheinlichen“, „plausiblen“, „möglichen“ und „unvorstellbaren“ Zukünften.

Warum gerade zehn Jahre? Weil das genug Spielraum gibt für echte Veränderung – privat wie gesellschaftlich. Weniger wäre zu kurz, um wirklich diesen Möglichkeitsraum ausgestalten zu können.

Wie wir Zukunft wahrnehmen: Die Thaayorre-Geschichte

Bevor wir tiefer in die drei Dimensionen eintauchen, lass mich dir eine Geschichte erzählen, die zeigt, wie unterschiedlich Menschen Zukunft wahrnehmen können.

Besonders eindrucksvoll ist die Sprache der Thaayorre im Norden Australiens. Im Kuuk Thaayorre gibt es keine Wörter für links und rechts. Stattdessen verwenden die Thaayorre Himmelsrichtungen, etwa so: „Da ist eine Ameise an deinem Nordwest-Arm“ oder „Kannst du die Tasse bitte nach Südsüdost schieben?“

Schon im Alter von vier oder fünf Jahren können Thaayorre selbst in geschlossenen und überdachten Räumen zielgenau die Himmelsrichtungen benennen. Das hat auch Einfluss auf ihre Vorstellung von Zukunft.

Nimm dir einen Moment, darüber nachzudenken: Wie fließt Zeit für dich? Wie würdest du Bilder eines Menschen von Geburt bis ins hohe Alter zeitlich sortieren?

Im Deutschen und allen lateinischen Sprachen schreiben und lesen wir von links nach rechts, und entsprechend nehmen wir auch die Zeit wahr. Wie aber würden die Thaayorre die Bilder sortieren? Die Antwort: mal von links nach rechts, mal von rechts nach links, mal von vorne nach hinten, mal von hinten nach vorne – je nachdem, wie die Person gerade sitzt. Zeit fließt für Thaayorre von Osten nach Westen.

Auch in unserer Sprache hat das Wort „Zukunft“ eine erstaunliche räumliche Komponente. Im Alt- und Mittelhochdeutschen erscheint das Wort als zuokumft bzw. zuokunft und war tatsächlich primär räumlich konzipiert als konkretes „Ankommen“, „Herannahen“ oder „Ankunft“. Die heute dominante zeitliche Bedeutung entwickelte sich erst in einem jahrhundertelangen Prozess.

 

Zukunft ist also von Natur aus mehrdimensional – räumlich und zeitlich zugleich. Und genau hier setzen die drei Dimensionen der Zukunftsgestaltung an.

 

Dimension 1: WELT – Das Fundament der Signale

Die erste Dimension ist das „Außen“ – das, was um dich herum passiert. Hier arbeitest du mit drei Begriffen:

  • Signale sind frühe, schwache Indikatoren – die Ameisen am Horizont. Dinge, die noch klein sind, aber auf eine große Veränderung hindeuten könnten. Ein Beispiel für ein Signal zum Thema Zukunft der Bildung: Quanten-Technologie ermöglicht Real-Time-Lern-Systeme.
  • Trends sind erkennbare Muster über längere Zeiträume. Wenn aus vielen Signalen ein Muster wird, haben wir einen Trend. Ein Beispiel für einen Trend: Immer mehr Arbeitnehmende wünschen sich direkte Unterstützung im Arbeitsprozess, statt langwieriger Schulungen.
  • Treiber sind die grundlegenden Kräfte, die Veränderung formen und vorantreiben. Das können technologische Entwicklungen sein, gesellschaftliche Bewegungen oder wirtschaftliche Verschiebungen. Ein Beispiel für einen Treiber: Künstliche Intelligenz verändert fundamental, wie wir lernen.

Das ist dein „Außen“ – die Daten, mit denen du Szenarien baust. Die Welt liefert dir das Rohmaterial für alles, was kommt.

Dimension 2: RAUM – Die Möglichkeitsräume öffnen

Hier wird es spannend: Zukunft ist nicht linear. Es gibt nicht die eine Zukunft, die auf uns zukommt. Es gibt multiple Szenarien, verschiedene Pfade, die sich vor uns ausbreiten – genau wie die Thaayorre je nach ihrer Ausrichtung im Raum die Zeit unterschiedlich sortieren.

Ich habe zum Beispiel für das Münchner Bildungsforum vier verschiedene Szenarien zur Zukunft der Bildung entwickelt. Vier völlig unterschiedliche Möglichkeitsräume (Zukunft bleibt gleich, wird besser, wird schlechter, ganz anders), wie Bildung in zehn Jahren aussehen könnte. Nicht eine davon ist „richtig“ oder „falsch“ – aber alle sind möglich.

Im Workshop, um diese Ideen zu besprechen, gab es im Szenario „alles wird schlechter“, in dem es um die Bildungsrebellion gegen die Monopole ging, zwei Post-it-Zettel auf dem Board. Auf einem stand „Total realistisch“ und auf dem anderen „Das halte ich für unmöglich.“

Zukunft ist, was du draus machst – und Szenario-Techniken sind das Werkzeug, um diese Räume zu öffnen und sichtbar zu machen.

Dimension 3: ZEIT – Die Dimension der Handlung

Zeit ist nicht nur das, was vergeht. Zeit ist der Weg von heute zur gewünschten Zukunft. Zeit ist deine Ressource für Transformation. Hier wird aus dem abstrakten Möglichkeitsraum konkrete Realität.

Dazu eine Beispielgeschichte: Tyson Foods, einer der weltweit größten Fleischproduzenten, nutzte 2015 Strategic Foresight, um über kurzfristige Markttrends hinauszublicken. Die Zukunftsanalyse brachte verschiedene Signale zusammen: Die Weltbevölkerung würde von 7,3 Milliarden auf 9,7 Milliarden bis 2050 wachsen, gleichzeitig nahmen Umweltbedenken bezüglich der Fleischproduktion zu, und neue Proteinquellen wurden entwickelt.

Was zunächst absurd klang, wurde plötzlich zur einzig logischen Strategie: Tyson sollte sich nicht länger als Fleischfirma verstehen, sondern als Protein-Unternehmen. Diese Perspektivänderung ermöglichte es dem Unternehmen, in pflanzliche Proteine und alternative Proteinquellen zu investieren, lange bevor die Konkurrenz diesen Wandel erkannte.

Vom Szenario zur konkreten Maßnahme – das passiert in der Dimension Zeit. Hier stellst du dir die Frage: Was mache ich heute, nächste Woche, nächsten Monat, um näher an meine gewünschte Zukunft zu kommen?

Wie Barbara Marx Hubbard einmal so schön gesagt hat: „Die Zukunft existiert zuerst in der Vorstellung, dann im Willen und dann in der Realität.“

    Zyklus der strategischen Zukunftsplanung in 3 Schritten

    Das große Bild: Wie die drei Dimensionen zusammenwirken

    Lass mich das Bild für dich zusammenfassen:

    • Welt liefert dir das Rohmaterial: Signale, Trends und Treiber
    • Raum öffnet die möglichen Zukünfte durch Szenarien
    • Zeit führt dich durch konkrete Handlungen zur gewünschten Zukunft

    Diese drei Dimensionen arbeiten zusammen. Und das Schöne ist: Du kannst lernen, mit ihnen umzugehen.

    Futures Thinking ist kein Wahrsagen – es ist ein Handwerk, das auf systematischer Recherche und kontinuierlicher Beobachtung basiert. Du schaffst dir eine stabile Grundlage für deine eigenen Szenarien in dem Bereich, den du beleuchten möchtest. Bei mir ist dieser Bereich die Zukunft der Bildung.

     

    Niemand gestaltet Zukunft allein. Ich arbeite zum Beispiel auch nicht alleine. Das sind meine Accountability Buddies: die Zukunftshandwerker. Wir lernen gemeinsam, wir setzen gemeinsam um, wir halten uns gegenseitig auf Kurs.

    Sie haben auch die Idee zu diesem Artikel mit mir gespiegelt. Gemeinsam lernen, gemeinsam umsetzen – das ist der Weg, wie Zukunft wirklich gestaltet wird.

    Dieser Artikel wurde mit KI-Unterstützung verfasst.

    Du möchtest lernen, wie du mit den drei Dimensionen Welt, Raum und Zeit deine eigene Zukunft gestaltest?

     In meinen Workshops arbeiten wir mit konkreten Tools und Methoden, um aus abstrakten Möglichkeiten greifbare Handlungsschritte zu entwickeln. Lass uns gemeinsam deine Zukunft sichtbar machen.